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Behandlungszeiten vs. Qualitätsmanagement

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Geschrieben

Hi,

heute möchte ich mal ein ungeliebtes Thema anschneiden. Noch vor wenigen Jahren war es usus eine 30 Minutentaktung zu planen und für heutige Verhältnisse fast schon gemächlich über den Tag zu behandeln. Doch zunehmend werden die Zeiten auf 20 oder sogar 15 Minuten herabgekürzt. Rein rechtlich ist das von daher ok, dass eine normale KG 15-20 Minuten incl. Vor- und Nachbereitung sowie Dokumentation dauern muss. Wenn ich so an meine Patienten denke, so ist da ein gewaltiger organisatorischer Aufwand notwendig um von den 20 Minuten ein maximum an Therapie anzusetzen. Zur Qualitätssicherung wäre natürlich eine Behandlungszeit von 30 Minuten für den Patienten optimal, jedoch bleibt die Frage offen, wer die 10 Minuten bezahlt?

Da die Not bekanntlich erfinderisch macht kommen eine ganze Reihe von Modellen zur Anwendung.

- normale 30 - 20 - 15 Minuten Taktung

- 30 Minuten Taktung bei 2 Behandlungen (eine "große" wie KG, Massage, .. und eine "kleine" wie Fango, Strom anlegen, US, ..)

- 30 Minuten Taktung, wobei vom Arbeitgeber 25 Minuten bezahlt werden und 5 Minuten vom Therapeut getragen wird

- 20 Minuten Taktung mit der Option für den Patienten durch Zuzahlung von 5€ pro Behandlung auf 30 Minuten auzustocken

- völlig ungebundenes Zeitmanagement, wie es zb. in Kliniken oft vorkommt

... weitere?

Mich würde mal interessieren, wie ihr das handhabt.

Schönen Sonntag
Mfg Stephan

Geschrieben

Hi,

ich muss sagen dadurch dass ich meine Praktika vorwiegend in der selben Rehaeinrichtung bzw. in Krankenhäusern gemacht habe, habe ich mich an eine 30 min-Taktung bzw. die freie Zeiteinteilung gewöhnt. Ich kann mir auch nicht vorstellen anders zu arbeiten. So habe ich volle 20 - 25 min Zeit nur für den Patienten und wenn es doch mal 1 - 2 min länger dauert, wirkt es sich nicht gleich auf den Zeitplan aus. Ich habe danach noch genug Zeit um mir die Hände zu waschen, noch kurz mit Kollegen über Probleme oder Behandlungsmöglichkeiten zu diskutieren und gehe dann entspannt zu meinem nächsten Patienten. Das wirkt sich doch auf die Qualität meiner Arbeit aus und wenn der Patient merkt, dass wir uns Zeit für ihn nehmen können(!), kommt er beim nächsten mal auch gerne wieder zu uns.

Wünsche allen noch einen schönen Sommer. Meiner beginnt gerade erst richtig (habe heute meine letzte Prüfung gehabt).

Geschrieben

hi @all,


nun wenn es so weiter geht und die Behandlungszeiten weiter gekürzt werden dann ist effiziente PT nicht mehr drin. Und jetzt soll keiner kommen von wegen: Hey arbeite halt evidence based und mach nur gescheite Sachen die schnell und effizient sind. HEY SO EINFACH IST DAS ABER NICHT, nur in der THEORIE! Auch ein etwaiger Einwurf von wegen: EIGENÜBUNGEN EIGENÜBUNGEN EIGENÜBUNGEN
>schon klar denn ohne die klappt PT auch wenn sie ne stunde umfasst nicht und wird nicht effizient sein!!

Da ich hauptsächlich in einer Klinik arbeite und dort ein eher ungebundenes Zeitmanagement herrscht (man kann Prioritäten setzten) und trotzdem so das niemand benachteiligt wird! Das ist sehr angenehm zu arbeiten. Wenn ich dann nebenbei in der PRaxis bin dann muss ich mich schon umstellen, dann ist Zeitmanagement gefragt, krasser Unterschied ABER: man wird halt sehr flexibel!
;)

viele grüße,
matthias

Geschrieben

warum organisieren wir uns nicht alle und tun gemeinsam in den verbänden was? ich meine die verbände sind doch groß? die ärzte schimpfen und da tut sich was..aber wir???? ich würde gerne was bewirken, aber wenn ich alleine mich auf die straße stelle lachen uns die politker doch aus....

Geschrieben

Hallo,

in der Praxis wo ich bis jetzt gearbeitet hab, war es üblich 20 min zu behandeln. Nach der Behandlung hat der Pat. aber immer noch "Nachübungszeit" bekommen. Das heisst wir Therapeuten haben ihm noch Übungen gezeigt, die er in der Kabine oder im Gymnastikraum mit verschiedenen Geräten ausführen konnten. Oder der Pat. wurde noch in den Schlingentisch gehangen, wo er entweder üben konnte oder auch nur entspannen konnte.

Lg

Satomi

  • 1 month later...
Geschrieben

Hi!
Habe den Post erst gerade gelesen und habe da ein aktuelles Ereignis dazu. Ich war jahrelang selber Pat in einer Praxis, beovr ich sozusagen die Seite gewechselt habe. Ich bin jetzt im 3. Lehrjahr und im Moment in der Psychiatrie mit freier Zeiteinteilung im Einsatz. Ich war aber auch schon in Rehakliniken mit dem 30min Rhythmus. War auch ok. Jetzt bin ich aber in meine alte Praxis gekommen. Die Chefin hat auf 20min umgestellt. Wer mehr möchte muss pro Behandlung 10€ zusätzlich zahlen. Finde ich mehr als ein Wucher, nicht nur von der Chefin, sonder auch für die Pat die die Behandlung nötig haben. Was ist passiert, die Pat sind gegangen. Zurecht, wie ich meine.
Aus Sicht der Chefin muss ich aber sagen, es ging nicht anders. Wie soll sonst eine kleine Praxis überleben, wenn sie ständig draufzahlen muss? Also eine Streitfragen. Ich finde den 30min Rhythmus gut, aber inzwischen schwierig zu halten, da die Kassen wirklich immer mehr kürzen.
Gruß Vine

Geschrieben

Auswertung Poll:
30min - 50% / 74 Stimmen
20min - 31% / 45 Stimmen
15min - 1% / 2 Stimmen
30min für "große" und "kleine Behandlung - 5% / 8 Stimmen
30min (25min vom AG bezahlt) - 1% / 2 Stimmen
20min (30min durch Zuzahlung) - 2% / 3 Stimmen
ungebundenes Zeitmanagement - 8% / 12 Stimmen
anderes (siehe Diskussion) - 1% / 1 Stimmen

Gegen eine andere Studie, die ich vor längerer Zeit gelesen habe, setzt sich die 20min Taktung offenbar durch. Die alte Abstimmung von vor ca. 5 Jahren war nur eine einzige Praxis auf der 20 min Schiene. Heute sinds schon mehr als ein Drittel.

Mfg Stephan

Geschrieben

Hallo,
ihr seid echt süß.
Immer wieder beschweren sich die angestellten Physios, die in freien Praxen arbeiten, dass sie so schlecht entlohnt werden, was im Vergleich zu anderen Fachberufen ja auch vollkommen richtig ist.
Von einem normalen Angestelltengehalt kann man keine regelmäßigen Fobis bezahlen, geschweige denn eine Familie ernähren.
Aber bitte, wo soll das Geld denn herkommen? Vom Himmel wirft es und niemand!
Die gesetzlichen KVs zahlen nur für 15-20 Minuten Therapie, und dafür sage und schreibe 14 Euro. Wir Therapeuten können doch nun mal gar nix für die Behandlungstarife, die unsere Verbände unter hohem Druck der GKVs ausgehandelt haben. Aber leben müssen wir mit ihnen, die Praxisinhaber UND die Angestellten.

Ich gehe davon aus, dass von den hier mitdiskutierenden Physios niemand Praxisinhaber ist, und sich somit auch niemand mit den finanziellen Aspekten der Praxisführung auseinandergesetzt hat. Ist Euch schon mal der Gedanke gekommen, dass von den 365 Tagen, die ein Jahr hat, nur ca. 190 Tage wirklich Umsatz erzielt werden. D.h., dass das Gehalt eines angestellten Physios 12 Monate lang bezahlt wird, der angestellte Physio aber real nur 9 Monate Umsatz erzielt?
Wenn in einer Stunde nur 28 Euro (30Minuten-Behandlung) Umsatz gemacht werden, kann kein Praxisinhaber 14 Euro Bruttostundenlohn zahlen. Und auch bei einem Umsatz von 42 Euro pro Stunde wird das schon schwierig. Bei einem Umsatz von 56 Euro ist das gar kein Problem mehr.
Die angestellten Physios möchten aber neben einem guten Gehalt gerne auch noch Zusatzleistungen, wie z.B. Freistellung für Fobis bei Gehaltfortzahlung, oder die Übernahme der Fobikosten, vielleicht noch etwas Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.
Bei einem Behandlungstakt von 30 oder 20 Minuten sind diese Zusatzleistungen aber nicht möglich.

Ihr müsst Euch schon entscheiden, was ihr wollt: lange Behandlungszeiten oder einen guten Verdienst. Beides ist aus o.g. Gründen nicht möglich.

Ja, ja, ich höre schon „die armen Patienten, denen können wir in 15 Minuten Behandlung doch gar nicht helfen“. Wohl wahr, aber die Behandlungszeiten sind nun mal vorgegeben, und ich möchte den Eisverkäufer sehen, der bei der Bestellung und Bezahlung von einer Kugel Eis (15 Minuten) eine zweite Kugel (30 Minuten) umsonst wie selbstverständlich dazugibt.
Im Eisladen erwartet niemand eine Leistung umsonst zu erhalten, bei uns aber schon, oder wie?

Es spricht nichts dagegen, dass sich Patienten Privatrezepte von ihren Ärzten ausstellen lassen, deren Behandlung man am selben Tag im Anschluss an die durch das Kassenrezept gedeckte Behandlung vornimmt. So wird den Patienten klar, dass die GKV halt nur 15 Minuten bezahlt, und alles weitere Privatvergnügen ist. Denn wie gesagt, wir haben weder die Vergütungen, noch die Behandlungszeiten festgelegt. Aber es darf uns ja wohl erlaubt sein, auf einem anständigen Preis-Leistungs-Verhältnis zu bestehen.
Gruß von susn



Geschrieben

"susn"

Da liegt der Fehler ja im System - ich verurteile keine Praxis, dass sie keine höheren Lohne zahlen kann, da das Geld einfach nicht da ist. Der Grat zwischen Optimierung (= Verkürzung des Taktes) und Quality management (= Behandlungsqualität) ist nunmal schwer zu betreten. Hängt doch die Taktung zb maßgeblich von der Taktung der Konkurrenz im Umfeld ab. Selbst auf 20 min zu gehen, wenn alle rundherum 30 min bieten bedarf schon einer gehörigen Portion Selbstbewustsein und Eigenanspruch an Qualität.

Mfg Stephan

Geschrieben

Hallo Stephan,
wenn der Patient merkt, dass 15 oder 20 Minuten in Praxis XY mehr helfen und ihn besser voran bringen als 30 Minuten in Praxis YZ, ist das keine Frage von Selbstbewusstsein, sondern ausschließlich eine Frage der Qualität.
Und nur wenn der Praxisinhaber Gehälter zahlt mit denen sich seine Angestellten ausreichend fortbilden können (und ihnen immer noch genug zum Leben übrig bleibt), bzw. er durch das gute Gehalt bereits bestens ausgebildete Physios einstellen kann, erst dann kann die Praxis auch durchgehend hohe Qualität anbieten. "Geiz ist geil" funktioniert nun mal nicht, erst recht nicht bei Angestellten. Wenn sie gute Arbeit leisten, weil sie gut aus- und fortgebildet sind, wollen und sollen sie auch gut bezahlt werden.

Die beste Werbung ist die Weiterempfehlung von Patient zu Patient. Und wenn du ihm helfen konntest, dann wird er weder wegen der 15 Minuten, noch wegen einer privaten Zuzahlung für weitere Behandlungen meckern, sondern dich fleißig weiterempfehlen.
Es liegt vor allem an uns unsere Patienten zu erziehen, bzw. sie für die Preis-Leistungs-Problematik zu sensibilisieren. Wir müssen lernen zu sagen, was unser Preis ist, dann lernen auch die Patienten, dass wir hohe Behandlungsqualität nicht für die Entlohnung einer Verkäuferin anbieten können (womit ich nichts gegen diesen ehrbaren Beruf gesagt haben möchte!).
Gruß von susn


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